Nachwuchsförderung

Große Ratsversammlung mit allen inneren Teams! Einziger Punkt auf der Tagesordnung: Der Umgang mit den anstehenden Veränderungen. Das innere Team „Angst vor Misserfolg“ ist durch zahlreiche Anhänger vertreten. Das innere Team „Aufbruch“ auf der anderen Seite wirkt kleiner und vor allem kleinlauter. Die neue Art-Direktorin ergreift das Wort:

„Angenommen, das Team „Aufbruch“ Ein buntes Schild zeigt zwei Kindergesichter und den Text: Vorsicht Schulkinder. bekäme Nachwuchs, welcher wäre das?“

Das Team „Aufbruch“ stutzt, tauscht zögerliche Blicke, bis jemand eine erste Antwort in den Raum wirft:

„Jugendlicher Leichtsinn?“

„Jugendliche Neugier!“, ergänzt jemand.

„Genau! Und wir brauchen jugendliche Abenteuerlust!“, kommt es lauter aus der vorderen Reihe.

„Kindliche Unschuld!“ – „Kindliches Staunen!“ – „Experimentierfreude!“ – „Der Spieltrieb muss dabei sein!“ – „Forschergeist!“ – „Und auf jeden Fall der Freiheitsdrang!“

Lächelnd notiert die neue Art-Direktorin die Ideen auf der Tafel. Dann wendet sie sich wieder der Versammlung zu. „Und was“, fragt sie, „braucht der Nachwuchs, um so richtig aus sich heraus zu kommen?“

„Raum zur Entfaltung!“ – „Gelegenheiten!“ – „Erlaubnis!“ – „Nachsicht!“ – „Umarmung!“ – „Ein herzliches Willkommen!“ – „Aufgaben!“ – „Ressourcen!“

„Schön, schön!“, sagt die neue Art-Direktorin. „Und wer sorgt dafür, dass sie all dies bekommen?“

Das innere Team „Aufbruch“ meldet sich prompt und einstimmig. Die neue Art-Direktorin lächelt ihnen dankend zu.

„Was aber“, fragt sie die Runde, „kann der Nachwuchs gar nicht gebrauchen?“

„Zurechtweisung!“ – „Ungeduld!“ – „Nullfehlertoleranz!“ – „Benimmregeln!“ – „Druck!“ – „Schlechte Laune!“ – „Geiz!“

„Okay!“, sagt anerkennend die neue Art-Direktorin. „Wer also hält sich dem entsprechend zurück?“

Wieder schnellen die Hände aus dem inneren Team „Aufbruch“ unisono nach oben. Das innere Team „Angst vor Misserfolg“ druckst noch vor sich hin.

Die neue Art-Direktorin lässt den Blick freundlich über die Reihen schweifen, dann hält sie ihre kleine Ansprache:

„Auch in den Zeiten des Wandels ist es gut zu wissen, auf stabilem Boden zu stehen und gut verwurzelt zu sein. Mein großer Dank gilt euch altgedienten Teammitgliedern für eure unverzichtbaren und wertvollen Beiträge dazu! Bedenkt aber auch, das neue Umstände neue Strategien erfordern. Ich bin sicher, die Expertinnen im Team „Aufbruch“ geben in dieser Sache ihr Bestes! Ein wenig frischer Wind kann dennoch nicht schaden. Nachwuchsförderung ist also angesagt! Viele von euch kennen sie noch von früher, die jungen Hüpfer von damals mit ihrem Übermut und Überschwang, lang ist es her. Ich möchte, das sie ab sofort wieder dabei sein dürfen! Ich möchte, dass sie sich noch einmal oder endlich austoben und ausprobieren dürfen. Ich möchte, dass sie vom Team „Aufbruch“ gefördert und vom Team „Angst vor Misserfolg“ mindestens geduldet werden. Ist das machbar?“

Die neue Art-Direktorin sieht bei diesen Worten vor allem das Team „Angst vor Misserfolg“ an. Die meisten Mitglieder aus dem Team „Angst vor Misserfolg“ nicken ihr vorsichtig zu. Doch es gibt noch welche, die bleiben zugeknöpft und richten ihre Blicke geflissentlich zu Boden.

„Es geht nicht darum“, fährt die neue Art-Direktorin fort, „plötzlich das Unterste nach oben zu kehren und alle Regeln außer Kraft zu setzen. Gemeinsam werden wir begrenzte Freiräume schaffen, in denen sich die Jüngeren beweisen können. Ich bin sicher, dass die Impulse, die bei diesen Gelegenheiten von ihnen ausgehen, auf uns alle inspirierend und bereichernd wirken! Was also können das für Gelegenheiten und Freiräume sein?“ Einladend sieht die neue Art-Direktorin in die große Runde.

Überraschend kommt der erste Vorschlag aus den Reihen des Teams „Angst vor Misserfolg“: „Kuchen backen!“

Die neue Art-Direktorin nickt und schreibt den Vorschlag an die Tafel. „Was noch?“

„Collagen basteln!“ – „Neue Musik auf den Player laden!“ – „Tanzen gehen!“ – „Irgendwo hin gehen, wo wir noch nie waren!“ – „Da hin gehen, wo wir schon lange mal wieder hingehen wollen!“ – „Umwege, neue Wege, krumme Wege gehen!“ – „Zu Fuß gehen, statt mit dem Bus fahren!“ – „Eine neue Frisur!“ – „Witze sammeln!“ – „Einen Kurs ausprobieren!“ – „Einen Tag lang schwänzen!“ – „Die Nacht durch feiern!“ – „Flirten!“

Eine Knospe, aus der sich die Spitze einer rosafarbenen Blüte schält.Einmal in Fahrt, fielen den inneren Anteilen noch sehr viel mehr Vorschläge ein. Weil der Platz auf der Tafel nicht ausreichte, notierte sie die neue Art-Direktorin auf großen Blättern Papier. Erst unauffällig, dann immer offensichtlicher mischte sich bald auch der Nachwuchs ein. Die neue Art-Direktorin lächelte ihnen wohlwollend zu und schrieb alle ihre Wünsche auf.

Dann gab es zu Essen und zu Trinken, es wurde lustiger und auch die letzten inneren Anteile tauten endlich auf, redeten bis spät in die Nacht und gingen dann kichernd schlafen, an ihren Fingern klebten Schokoladenreste.

Schreibanregung

Wenn es bei dir um Veränderung geht, welche Art von frischem Wind kann dein inneres Team noch gebrauchen? Gibt es Anteile von früher, die du einladen willst, sich wieder mehr mit einzubringen? Welche sind das? Was mögen diese jungen inneren Anteile besonders gern? Was können sie gar nicht leiden? Welche altgedienten inneren Anteile heißen sie sofort willkommen und welche sind ihnen gegenüber eher skeptisch? Wie bittest du die skeptischen Anteile um Mitwirkung? Welche Gelegenheiten und Freiräume bietest du dem Nachwuchs an, um sich einzumischen und auszutoben? Viel Spaß und gutes Gelingen!

Meine eigene Beobachterin sein

Mein innerer Perfektionist und ich

Ruhestand

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