Kauzig

„Du bist ein Kauz! Bist du doch, oder?“ – Natürlich bin ich ein Kauz. Ist ja irgendwie jeder! Aber das so ganz unumwunden zuzugeben, fällt mir dann doch schwer. „Und warum bin ich deiner Meinung nach ein Kauz?“, frage ich. – „Weil du eben so deinen Stolz hast.“ – Weil ich meinen Stolz habe, aha. Hört sich eigentlich nicht schlecht an, denke ich.

Es stimmt, bestimmte Dinge sind mir wichtig. Aufrichtigkeit, zum Beispiel. Nicht, dass ich immer und stets die Wahrheit verlange – ich flunkere selbst ganz gern mal -, aber in den existenziellen Fragen, da möchte ich eben wissen, woran ichEin Reptil in Nahaufnahme. mit jemanden bin. Auch bei mir selbst lege ich wert darauf, mich im Zweifelsfall meiner Haltung gemäß zu verhalten. Das kommt nicht nur gut an. Leuten, denen es leichter fällt, öfter mal ein Auge zuzudrücken oder gute Miene zum fragwürdigen Spiel zu machen, finden mich mit meiner penetranten Aufrichtigkeit wohl eher anstrengend – um nicht zu sagen: kauzig!

Lieber marschiere ich erhobenen Hauptes ins Abseits, als dass ich mich mit Patentrezepten zufrieden gebe. Schnellen Lösungen misstraue ich, Verallgemeinerungen sowieso und Oberflächlichkeiten sind mir ein Gräuel. Ich habe einen Blick für Haken und Fußangeln, lese das Kleingedruckte, lausche auf das, was zwischen den Zeilen schwingt und frage mich, wessen Interessen jetzt gerade zuallererst bedient werden? Nein, einfach ist das nicht. Aber interessant! Nicht alles für bare Münze nehmen, wach bleiben und immer wieder nachfragen. Meine Skepsis regt zum unentwegten Selberdenken an – und ist auf Dauer natürlich ziemlich kauzig.

Wenn mich jemand fragt, sage ich lieber erst mal nein. Ich brauche Zeit, mir alles in Ruhe vorzustellen und es im Detail auf mich wirken zu lassen. Ich bin langsam, taste mich gern nach und nach heran, will mich erst allmählich eingewöhnen. Wenn ich dann ja sage, bedeutet es auch ja – mit ganzem Herzen und allen Konsequenzen.

Ein Reptil hockt auf einem Ast.Eigensinn, Sturheit, Dickköpfigkeit, damit ging ich schon meinen Angehörigen in ganz frühen Jahren auf die Nerven. Zu stolz, um mir helfen zu lassen, muss ich möglichst alles selber ausprobieren und falle damit hundertmal auf die Nase, bevor ich es sicher kann – oder nie.

Durch meine Eigenbrötlerei lebe ich ein Stück weit hinterm Mond. Das gängige Fernseh- und Radioprogramm sind mir weitestgehend unbekannt. Ziemlich individualistisch und immer wieder Einzelgängerin, bleibe ich auch in meiner Meinung lieber unabhängig. Man dränge mich also besser nicht. Schon gar nicht dazu, weniger Kauz zu sein!

Schreibanregung

Auf welche deiner Eigenarten kannst und willst du stolz sein? Vielleicht sind es Eigenschaften oder Angewohnheiten, die bei anderen nicht immer gut ankommen. Vielleicht gehst du dir damit manchmal sogar selber auf die Nerven. Nimm dir schreibend Zeit, deine Eigenarten für dich ins rechte Licht zu rücken!

Den Beckenrand loslassen

Die Kunst des Zögerns

In Stimmung sein

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert