Es hakt im Inneren Team

Mein Macher ist frustriert: „Bei mir gehen Null Aufträge ein!“ Er fühle sich unterfordert und zu nichts mehr Nutze. Mein Macher behauptet, das Auftraggeber-Team, bestehend aus Träumer, Kritiker und Realist, sei schuld an der Misere: „Von denen kommt überhaupt nichts mehr!“ – Ich beruhige ihn und verspreche, mich sofort darum zu kümmern.

Als erstes besuche ich meinen Träumer, der vor sich hin summend auf dem Boden sitzt und an einer Menge neuer, phantastischer Ideen bastelt. Offensichtlich ist sein Output unverändert hoch, daran liegt es also nicht.Ein rotes Ampelmännchen leuchtet. Allerdings entdecke ich einen Ideen-Stau vor der Durchreiche zum Kritiker. Mein sonst so routinierter Kritiker scheint sich in jede Idee derart gründlich zu verbeißen, dass er zur Prüfung mehr Zeit als sonst benötigt.

Tatsächlich finde ich meinen Kritiker blendend gelaunt und ganz in seinem Element. Er entdeckt jeden Logikfehler und inneren Widerspruch, hat die Fakten und die Regeln drauf, kennt die Grenzen und Schwächen genau. Da er weiß, wie stolz ich auf seine Fähigkeiten bin, nickt er nur kurz und fährt gleich mit seiner Arbeit fort. Auch der Kritiker sollte nicht das Problem des Machers sein, denn es gibt ja den allseits geschätzten Realisten, der Traum und Kritik ins rechte Verhältnis rückt, um daraus machbare Pläne zu entwickeln.

Jedoch: Mein Realist ist nicht auf seinem Posten!

Ist er krank? Ist ihm etwas zugestoßen? – „Wo steckt der Realist?“, frage ich meinen Kritiker. – „Auf Mallorca“, antwortet er. – Umgehend hole ich meinen Realisten zurück und bitte ihn, sich gemeinsam mit meinem Träumer, meinem Kritiker und mir an einen Tisch zu setzen. Meinem Macher spendiere ich Kaffee und Kuchen. Trinken und Essen sind Tätigkeiten, die ihn durchaus für eine Weile glücklich machen.

„Was ist los?“, frage ich meinen sonnengebräunten Realisten. – „Ach, ich stehe auf ganz verlorenem Posten!“ Mit tragischer Miene sieht er mich an. „Alles, aber auch wirklich alles, was ich ausarbeite, scheitert bei der Revision am Urteil des Kritikers. Sogar der Träumer hat das schon mitbekommen! Zur Überarbeitung steuert er kaum noch Verbesserungsvorschläge bei und brütet lieber immer neue Ideen zu ganz anderen Themen aus. So kann ich nicht arbeiten!“

„Wie siehst du das?“, will ich von meinem Kritiker wissen. „Kann es sein, dass du deinen Job in letzter Zeit etwas zu gut machst? Solltest du etwas überkritisch geworden sein?“ – „Nun“, sagt mein Kritiker, „da mein Auftrag lautet, etwas Ideales und außerordentlich Geniales zu finden, gehe ich eben lieber auf Nummer sicher.“ – Überrascht sehe ich meinen Kritiker an. „Wer hat dir denn diesen Auftrag gegeben?“ – „Na, du!“, gibt er ebenso erstaunt zurück.

Irritiert wende ich mich meinem Träumer zu, der irgendwelche Zeichen auf ein Blatt Papier kritzelt. „Hast du dem Kritiker den Auftrag gegeben, deine Ideen auf Genialität zu überprüfen?“ – Mein Träumer blinzelt, als wäre ich die Sonne, die ihn blendet. „Aber meine Ideen sind genial, warum sollte das jemand überprüfen?“ – „Schon gut.“ Ich seufzte. „Dumme Frage, du bist genial, alles gut, mach einfach weiter, ich bin stolz auf dich.“

„Ich weiß, wer es war!“, mischt sich mein Macher aus seiner Kaffee und Kuchen-Ecke ein. „Ich weiß, wer den Auftrag erteilt hat!“ – Ich bitte meinen Macher, mit an unseren Tisch zu kommen, was er gerne tut. – „Ich weiß es genau, denn der Idiot setzt mich doch auch ständig unter Druck! Ich soll endlich etwas tun, muss den Hintern hoch bekommen und so weiter. Der ist total durchgeknallt! Faulheit ist nun wirklich das Letzte, was man mir vorwerfen kann. Ausgerechnet mir!“ – Ich nicke. „Ja, da hast du Recht, du bist äußerst tatkräftig und fleißig. Außerdem hast du ein prima Durchhaltevermögen. Danke sehr! Aber bitte: Von wem sprichst du?“ – „Vom Geltungsdrang natürlich! Der stresst uns doch hier alle!“

Ich rufe meinen Geltungsdrang mit an den Tisch und frage ihn geradezu, was er denn da plant? – „Ich will den ganz großen Coup!“ Mein Geltungsdrang strahlt mich an. „Damit endlich wieder Leben in die Bude kommt! Mal wieder Lob einheimsen, mal wieder gefragt und umworben sein. Gib es doch zu, auch du leidest unter dem Stillstand momentan und hättest lieber einen Haufen Verehrer zu deinen Füßen!“ – Ich räuspere mich verhalten und sage dazu nichts. „Was für ein Coup soll das denn sein?“, frage ich stattdessen aufrichtig interessiert. – „Irgendein Coup!“ Mein Geltungsdrang macht ausholende Armbewegungen und reißt die Augen auf. „Ist doch egal, Hauptsache, es ist ein Knaller!“ – „Ah, ja“, sage ich. – „Genau!“ Mein Geltungsdrang springt vom Stuhl auf. „Das wird ein Riesending! Glaub mir, diesmal verblüffen wir sie alle!“ – „Alles klar, ich sehe, du bist super in Form. Aber setze dich doch bitte noch für ein paar Minuten wieder zu uns, okay?“ – Mein Geltungsdrang wirft sich lässig auf den Stuhl und blickt triumphierend in die Runde.

Ein grünes Ampelmännchen leuchtet.Ich ziehe mein Resümee: Alle Anteile sind im Grunde hoch motiviert, das ist wunderbar! Mein Geltungsdrang ist in letzter Zeit offensichtlich zu kurz gekommen. Er soll für das Auftraggeber-Team eine Liste mit Dingen, die ihm gefallen könnten, zusammenstellen. Zuerst aber kauft er etwas Schönes zum Anziehen und geht zum Frisör, das wirkt immer und sofort, ist konkret und schnell umsetzbar. Den Auftrag an den Kritiker formuliere ich neu: Nicht das ganz große Ding soll erschaffen werden, sondern das, was geht. Der Realist darf sogleich an die Arbeit gehen und bald ist hoffentlich auch mein Macher wieder voll beschäftigt. Für alle aber gilt: Jeder kleine verwirklichte Traum ist Teil des großen Puzzles zum Glück!

Schreibanregung

Bitte den frustrierten Anteil in dir zum Gespräch. Frage ihn, was los ist und wer seiner Meinung nach Schuld an dem Desaster hat? Hole nach und nach die Anteile, die er benennt, mit an den Tisch. Wenn sich Anteile untereinander partout nicht ausstehen können, führe zunächst Einzelgespräche mit ihnen. Wenn du alle Anteile gehört hast, ziehe dein Resümee. Treffe deine Entscheidung, wie die Dinge wieder ins Lot kommen. Erkläre jedem Anteil, was er ab sofort dazu beizutragen hat. Tipp: Als ModeratorIn bist du stets wertschätzend. Alle Anteile sind dir gleich lieb und teuer! Viel Spaß und gutes Gelingen!

Sinnlichkeit

Unbequem

Verbündete

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