Der Wille

Soll ich mich dafür entscheiden, einen eigenen Willen zu haben? Nicht nur in den kleinen Angelegenheiten, sondern grundsätzlich als ganze Person? Darf ich mich dafür entscheiden? Ist das nicht egozentrisch und unsozial? Und will ich das wirklich? Das Ding mit der Disziplin und so?

Wie wäre es, wenn ich statt „ich soll“, „ich sollte“, „ich muss“ oder „ich müsste“ nur noch sage: „Ich will!“? Eine brav ausschauende Dogge aus Stein.

Es gälte, nicht nur klare Entscheidungen zu treffen, sondern auch die Konsequenzen zu tragen. Ich wäre für alles, was ich tue oder nicht tue, selbst verantwortlich. Es gäbe keine Ausreden und Entschuldigungen mehr. Ich würde das Risiko eingehen, Fehler zu machen. Ich könnte anecken, mich angreifbar, mir sogar Feinde machen. Ich dürfte mich nicht gehen lassen, müsste Bedürfnisse zurückstellen und Triebe kontrollieren. Ich müsste mich immer wieder von Neuem dazu motivieren, dem Willen auch tatsächlich zu folgen. Klingt verdammt anstrengend.

Was also hat mir der Wille zu bieten? Ich schlage bei Assagioli (dem Begründer der Psychosynthese) nach und finde ungefähr Folgendes:

Ein starker Wille bedeutet Entschlossenheit statt Zerrissenheit, denn ein starker Wille duldet keine Befriedigung von launenhaften Begierden. Er bündelt die Energien und richtet sie auf ein Ziel hin aus. Ein starker Wille schreitet zur Tat, geht mutig ins Unbekannte und hält auch in schwierigen Zeiten durch. Ein starker Wille setzt auf Selbstbestimmung, übernimmt die Verantwortung für die Gestaltung des eigenen Lebens. Ein starker Wille bedeutet Selbstbewusstsein.

Ein geschickter Wille erreicht Ziele ohne Verschleiß und Zerstörung. Beharrlich arbeitet er daran, einen Weg zu finden, auf dem kein inneres Bedürfnis auf Dauer unerfüllt und auch sonst niemand auf der Strecke bleibt. Ein geschickter Wille erkennt die eigentlichen Bedürfnisse, die hinter den Begierden stecken. Er unterstützt die Herausbildung neuer, konstruktiver Gewohnheiten und koordiniert die Interessen der inneren Teammitglieder im Sinn des Ziels und zum Wohl des gesamten Teams. Ein geschickter Wille schenkt Selbstvertrauen.

Ein guter Wille erweitert und verbindet das eigene Wohl mit dem Wohl der Welt. Er sorgt für zuträgliche Beziehungen nach innen und nach außen. Ein guter Wille weiß, dass er Teil des Ganzen ist und alles miteinander zusammenhängt, er also die Verantwortung nicht nur für sich selbst, sondern auch für sein Wirken trägt. Ein guter Wille zielt auf Zugehörigkeit.

Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen, Zugehörigkeit – das klingt gut, finde ich. Mein Wille soll Ein majestätischer Löwe trohnt auf einem Sockel.sowohl stark als auch geschickt und gut sein.

Der erste Schritt ist also, mich für meinen eigenen Willen zu entscheiden: „Ja, ich will!“

Der zweite Schritt ist, meinen Willen stark, geschickt und gut zu machen, indem ich ihn trainiere. Training heißt, ich gebe ihm bewusst Gelegenheiten, sich zu zeigen und zu entwickeln. Erst sind es kleine, alltägliche Aufgaben, die allmählich komplexer und anspruchsvoller werden. Je mehr ich meinen Willen trainiere, desto klarer erkenne ich, was ich eigentlich will.

Schreibanregung

Reflektiere schreibend die Vor- und Nachteile eines eigenen Willens. Notiere Situationen, in denen sich dein Wille bereits zeigt. Welche inneren Anteile bedienen sich des Willens? Wie setzen sie den Willen für sich ein und was bewirkt er jeweils? Ist es förderlich für das ganze innere Team? Wie stellst du dir einen Willen vor, dem du gern folgst? Beachte die Meinungen der verschiedenen Anteile in dir! Wie fühlt es sich an, einen solchen Willen zu haben? Wie ist deine Körperhaltung, wenn du diesen Willen spürst? Wie packst du mit diesem Willen die Dinge an? Notiere ein paar Übungen, mit denen du deinen Willen in deinem Sinn trainieren kannst. Gutes Gelingen!

Mein innerer Perfektionist und ich

Nachwuchsförderung

Ruhestand

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